Titel: Roter Faden für Fachtexte: Schreiben mit der Paragraphs-Methode

Roter Faden für Fachtexte: Schreiben mit der Paragraphs-Methode

Vielleicht kommt dir das bekannt vor: Du schreibst einen Text über dein Expertenthema – etwa einen Blogartikel oder ein Kapitel für ein Buch. Natürlich hast du hier viel Fachwissen und könntest einfach drauflosschreiben.

Aber: Einfach drauflosschreiben funktioniert super für deine Ideensammlung, jedoch nicht mehr für den eigentlichen Text. Es ist schließlich kein Tagebucheintrag, den du nur für dich selbst schreibst, sondern ein Text, den auch andere lesen – und verstehen – sollen. Gerade dann, wenn deine Leser nicht viel über dein Thema wissen, muss der Text für sie einfach zu verstehen sein. Aber auch andere Experten kommen irgendwann nicht mehr mit, wenn dein Blogartikel nur eine einzige Textlawine ist, in der du alle paar Sätze von Teebeutel zu Beuteltier und von Bratpfanne zu Bettpfanne springst.

Im Workshop Writing for a Non-Scientist Audience bei Bradley van Paridon habe ich dafür eine Methode kennengelernt: Schreiben in paragraphs (siehe Anne E. Greene, Writing Science in Plain Englisch, University of Chicago Press 2013 – bzw. es gibt jetzt ganz neu eine zweite Auflage). Dieser Ansatz ist nicht nur hilfreich für wissenschaftliche Themen, sondern für jeden Text, der eine übersichtliche Struktur haben und gut lesbar sein soll.

Wie funktioniert das Ganze? Man teilt den Text in einzelne Abschnitte (paragrahs). Jeder Abschnitt hat 150-200 Wörter und behandelt ein Thema. Er besteht aus Einleitung (issue), weiteren Ausführungen (development) und Schluss (conclusion oder point). So baust du deine Texte so auf, dass deine Leser gut folgen können und gerne weiterlesen!

Am Beispiel eines Artikels über das Notiz-Tool Notion erkläre ich, wie das Ganze funktioniert – und auch, wie man die verschiedenen Abschnitte zu einem vollständigen Text zusammensetzt.

Einleitung (issue)

Die Einleitung stellt das Thema des Abschnitts vor, sodass deine Leser sich darauf einstellen können.

Zu einem Artikel über Notion gehört natürlich auch ein Abschnitt über die Datenbank-Funktion. Dann könnte dein Einleitungssatz etwas so aussehen: „Die Datenbanken sind eine zentrale und vielseitige Funktion in Notion.“ So wissen deine Leser gleich: Hier geht es um Datenbanken. Nicht mehr um Dokumente wie im Abschnitt davor, auch noch nicht um Projektmanagement wie im Abschnitt danach, sondern um die Datenbank-Funktion selbst.

Die Einleitung kannst du auch als Frage formulieren: „Was macht die Datenbank-Funktion so besonders?“ Gerade bei einem Expertenthema kann eine Frage ein guter Einstieg sein, wenn du z. B. eine häufige Frage deiner Leser aufgreifst. Zusätzlich erzeugt eine Frage das Gefühl einer Unterhaltung, sodass deine Leser gleich mit in den Text hineingezogen werden und sich angesprochen fühlen – und gerne weiterlesen wollen.

Länger als ein bis drei Sätze sollte die Einleitung nicht sein. Das reicht, damit deine Leser wissen, worum es gehen wird – und um sie neugierig auf das Thema zu machen.

Weitere Ausführung (development)

Nachdem du das Thema in der Einleitung vorgestellt hast, kannst du es hier weiter ausführen und erläutern bzw. die Antwort auf die Frage liefern, die in der Einleitung gestellt wurde. In diesem Teil kannst du auch Beispiele anbringen oder Expertenmeinungen zitieren, die deine Ausführungen verständlicher machen oder stützen.

In deinem Abschnitt über die Datenbank-Funktion in Notion würdest du hier z. B. erklären, was eine Datenbank ist, wie man sie erstellt und was die Besonderheiten dieser Funktion sind. Du kannst auch eigene Erfahrungen einfließen lassen und deinen Lesern erzählen, warum du so gerne mit den Datenbanken arbeitest.

Das kannst du an einem Beispiel illustrieren – z. B., wie du deine Blogartikel-Entwürfe mithilfe von Notion verwaltest. In diesem Teil kannst du also kreativ werden und dein Fachwissen einbringen.

Gerade hier hilft die Beschränkung auf insgesamt 150–200 Wörter dabei, nicht zu sehr abzuschweifen. Denk daran – ein Abschnitt, ein Thema; und das Thema dieses Abschnitts hast du in der Einleitung vorgestellt. Es geht um Datenbanken – nicht um Projektmanagement; dafür gibt es später einen eigenen Abschnitt.

Die weiteren Ausführungen sind also der Teil, in dem du deinen Lesern die Inhalte gibst, die sie suchen.

Schluss (conclusion oder point)

Nachdem deine Leser alles Wichtige zum Thema des Abschnitts erfahren haben, fehlt nur noch der Schluss (conclusion). Hier fasst du deine Ausführungen noch einmal kurz in einem Satz zusammen. So wissen deine Leser, dass dieses Thema jetzt abgeschlossen ist und dass im nächsten Abschnitt ein neues Thema beginnen wird. Auch dadurch wird der Text übersichtlicher und verständlicher.

Der Schlusssatz zu Notion-Datenbanken könnte z. B. sein: „Die Datenbank-Funktion ist ein praktisches Hilfsmittel, das ich nicht mehr missen möchte.“ So sehen deine Leser nochmal auf einen Blick, was diese Funktion für dich ausmacht.

Statt einer Zusammenfassung deiner Ausführungen kann der Schluss auch auf das nächste Thema hinweisen (point). Diese Art Schluss eignet sich vor allem für die Einleitung eines Kapitels oder Blogartikels, um deine Leser auf den gesamten Text einzustimmen. Aber auch mitten einem Text kanns du das mal machen, um z. B. in deinem Datenbank-Absatz auf den folgenden Absatz zum Thema Projektmanagement hinzuweisen.

Mit dem Schluss ist der Abschnitt beendet, und dein Leser ist bereit, zum nächsten Abschnitt – und damit zum nächsten Thema – überzugehen.

Von einzelnen Abschnitten zum fertigen Text

Ein vollständiger Text besteht natürlich nicht nur aus einem Abschnitt – sondern aus mehreren. Wie ordnest du die am besten an? Auch hierfür nennt Anne E. Greene verschiedene Möglichkeiten:

  • Chronologisch. Diese Reihenfolge eignet sich z. B. für eine Schritt-für-Schritt-Erklärung  – wenn du z. B. eine Anleitung schreibst, wie man mit Notion eine Datenbank erstellt.  Abschnitt 1 erklärt die Vorteile der Datenbanken, Abschnitt 2 beschreibt, wie man eine Datenbank anlegt, in Abschnitt 3 geht es um Seiten innerhalb der Datenbank, usw.
  • Von allgemein zu speziell. Das eignet sich vor allem dann, wenn deine Leser nichts oder nicht viel über dein Thema wissen. Dann beginnst du mit allgemeinen Hintergrundinfos und gehst dann immer mehr ins Detail und ins Fachliche. Wenn deine Leser Notion überhaupt nicht kennen, erklärst du in Abschnitt 1, was dieses Tool überhaupt ist, und tastest dich Abschnitt für Abschnitt weiter vor bis zur Datenbankfunktion.
  • Von unwichtig zu wichtig. Hier beginnt der Text mit dem unwichtigsten Thema und arbeitet sich bis zum wichtigsten Thema vor. Im ersten Abschnitt beschreibst du die Notion-Funktion, die dir am wenigsten wichtig ist – und im letzten Abschnitt die Funktion, ohne die du nicht mehr leben könntest. Diese Reihenfolge eignet sich auch, wenn du deine Leser von etwas überzeugen möchtest – denn was am Ende eines Textes steht, bleibt eher im Gedächtnis.
  • Vom Problem zur Lösung. Dieser Text beginnt mit einem Problem und zeigt in seinem Verlauf die Lösung auf. Wenn deine Leser z. B. das Problem haben, dass sie im Notizzettel-Chaos versinken, präsentierst du ihnen Notion als Lösung. Im ersten Abschnitt beschreibst du das Chaos, und im letzten Abschnitt Notion als den perfekten Ausweg daraus.
  • Vergleich oder Gegenüberstellung. Vielleicht möchtest du deinen Text nicht nur über Notion schreiben, sondern Notion mit einem anderen Tool (z. B. OneNote) vergleichen. Dafür gibt es zwei Möglichkeiten, deine Abschnitte anzuordnen: abwechselnd oder nacheinander. Wenn du z. B. einzelne Funktionen beider Tools vergleichst, kannst du zwischen den Tools wechseln: Abschnitt 1 über OneNote, Abschnitt 2 über Notion, Abschnitt 3 über OneNote, Abschnitt 4 über Notion, usw. Wenn du eher beide Tools insgesamt vergleichst, kannst du auch erst ein paar Abschnitte zu OneNote schreiben und dann ein paar Abschnitte zu Notion. Auch hier solltest du das Tool, das dir am besten gefällt und von dem du deine Leser überzeugen möchtest, an letzter Stelle nennen.

Paragraphs, der rote Faden & Ich

Diese Tipps helfen dir dabei, Texte zu schreiben, ohne dabei den roten Faden zu verlieren und deinen Lesern thematische Sprünge von Fensterbank zu Banken-Skandal zu Flussbank und wieder zurück zur Fensterbank zu ersparen.

Genau das ist mir immer passiert. Ich habe es sogar gemerkt, aber ich hatte irgendwie ein Brett vor dem Kopf und wusste nicht so richtig, wie ich aus meinen tausend Ideen und Informationen einen Text machen sollte. Dank des Buchs von Anne E. Greene ist das jetzt kein Problem mehr!

Halte ich mich bei allen Texten immer genau daran? – Nein. Auch bei mir ist mal ein Abschnitt kürzer als 150 Wörter, mal etwas länger als 200. Die Reihenfolge meiner Abschnitte mache ich manchmal nach Gefühl – wobei so ein Gefühl natürlich nicht aus dem Nichts kommt. Wenn ich z. B. einen Blogartikel schreibe, habe ich mich mit dem Thema beschäftigt und weiß, was wichtig ist und welche Reihenfolge meine Leser brauchen, um folgen zu können.

Generell gilt: Bei Artikeln zu Expertenthemen achte ich etwas mehr auf die Struktur, bei persönlichen Blogartikeln (z. B. meinem Jahresrückblick) nehme ich es weniger genau damit. Selbst bei Fachartikeln (z. B. meinem Cornerstone-Artikel über Marken) befolge ich die paragraphs-Methode nicht immer zu 100%, aber ich orientiere mich daran. Allein schon das „daran orientieren“ hilft mir dabei, mich nicht zu verzetteln und eben nicht ellenlange Fließtext-Monster zu produzieren, die niemand mehr lesen will.

Wie ist das bei dir, wenn du längere Texte schreibst? Wie behältst du die Übersicht? Schreib es mir gerne in die Kommentare!

 

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